Die Schwierigkeit zu bitten

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Bericht des philosophischen Cafés vom 17. 11. 2013 im Kulturzentrum Italo Bortolotti, Fanano

Warum es schwieriger ist zu bitten als zu helfen?

Soziale Umstände und Gewohnheiten

Wir leben in einer Stadt von Individualisten, in der das eigene Tun für sich selbst wertge-schätzt wird. Wir werden gedrängt unabhängig von den Anderen zu sein, und eher zu wett-eifern als zusammen zu arbeiten.

In der Gesellschaft des Geldes sind wir es gewöhnt zu bezahlen um unsere Bedürfnisse zu befriedigen, und es ist deshalb schwierig sich etwas einfallen zu lassen um diese auf andere Weise zu befriedigen, … zu bitten.

Es ist einfacher jemanden wegen spezieller Bedürfnisse zu bitten, für die man nicht bezahlen kann um das Problem lösen könnte.

Durch Bezahlung wird die Schuld sofort beglichen, nichts bleibt offen, ein Handel wird al pari abgeschlossen. Schulden zu haben bedeutet in meiner Kultur und in meiner Sprache auch Schuld zu haben, minderwertig zu sein.

Ich bin so erzogen worden vor allem meine Probleme alleine zu regeln, ich habe es immer versucht so zu machen. Wenn es mir nicht gelingt alleine zu Recht zu kommen, gebe ich lieber auf.

In der bäuerlichen Gesellschaft war es üblich und unerlässlich zu bitten (um gewisse Arbeiten zu verrichten gab es keine Alternativen). In der heutigen Kultur kommt das Bitten einer „narzistischen“ Verletzung gleich.

Früher gingen vor allem die Frauen in irgendeinen Dienst, als Mägde, waren von klein auf an eine niedrige und mühsame Arbeit gewöhnt, konnten bereitwillig geben, hatten sehr viel anzubieten, nie etwas zu erbitten.

Besorgnisse

Ich fühle mich schuldig weil ich meinen agro-touristischen Betrieb um irgendeine Tätigkeit bitte, bin daher verwirrt, weil es meine Arbeit ist.

Um etwas bitten versetzt uns in die Position des Schuldigseins / der Schwäche, während etwas anbieten bedeutet, etwas zu haben, über-legen zu sein.

Es ist uns peinlich wenn wir ein Nein hören,  … kann nicht kommen …, hab‘ keine Zeit …

Um etwas bitten zeigt eine Notwendigkeit auf, etwas Persönliches, „Intimes“, das durch unser eigenes vielleicht nicht so perfektes Benehmen hervorgerufen wurde (ich schäme mich mein Auto zum Putzen zu bringen, so wie ich es hab‘ verdrecken lassen“).

Der Zusammenhang hat sich eingeprägt: Es ist leichter mir bekannte Personen zu bitten als Unbekannte, auch wenn sie zur Zeitbank gehören. Ich rufe einen Bekannten zu Hilfe wenn ich in Schwierigkeiten stecke, weil ich nicht mehr aus noch ein weiß.

… nicht, dass ich um zu viel bitte? Nütze ich die Verfügbarkeit des Anderen nicht aus? Wo ist die Grenze?

… und wenn niemand mich um etwas bittet und ich meine Schuld nicht begleichen kann ….. wie tue ich’s dann, selbst zu bitten? ….

Es ist leichter um etwas zu bitten, wenn man ein paar Stunden gut hat.

Sachliche Schwierigkeiten?

Zeitmangel, nicht zusammen passende Uhrzeiten, der PC funktioniert nicht … alles Hindernisse wegen der man bitten und geben kann.

Vielleicht bitten wir nicht, weil wir nicht wirklich notwendigerweise …

Manche Dinge will ich zu einem Augenblick machen auf den ich mich eingestellt habe, und ich möchte mein Programm nicht ändern müssen, um es auf die zeitliche Verfügbarkeit des Anderen umzustellen.

Wie kann man die Schwierigkeit zu bitten überwinden?

Wenn man die Möglichkeit hat die anderen Mitglieder, und vor allem jene aus dem näheren Umkreis besser kennen zu lernen, und zu wissen was sie anbieten, wird es leichter sich die Angebote untereinander auszutauschen.

Um die Frage „aber wer ist der?“ zu verringern, sollte man die Kartei  mit den Fotos und Biographien durchblättern um etwas mehr über die Anderen zu erfahren und kennenzulernen, und auch um sich selbst besser bekannt zu machen: Auch das bringt einen den Anderen näher.

Auch wenn man sich untereinander kennt sollte man stets fortfahren mit dem Tauschhandel, dem „Philosophischen Cafè“, den Festen usw.

Zu Weihnachten könnte man z. B. ein Geschenk machen: „Schenke einem anderen Mitglied seinen Wunsch an dich!“

Die „weniger gefragten“ Mitglieder, die Angst davor haben sich nicht revanchieren zu können, könnte man in die Verrichtung von allgemeinen Arbeiten für die Zeitbank einbinden, (z. B. beim Organisieren eines Festes oder Imbisses usw.).

Wenn man mit einer Mail eine Idee kund tut, auch zu Händen von denen, die man nicht kennt, wird man mehr Antworten bekommen, auch von Personen, von denen man niemals gedacht, dass sie sich kümmern würden, oder sie antworten einem einfach….

Fordert die Mitglieder auf nachzudenken, in sich hineinzuhorchen, um die Ursachen der jeweiligen Schwierigkeit um etwas zu bitten herauszufinden.

Hebt die üblichen Gewohnheiten aus den Angeln wo “selbst ist der Mann…das Leben ist beschwerlich“ gelten, und nimm‘s leichter, unterhalte dich: Probiert einfach mal um etwas zu bitten und basta!

Wenn ein Mitglied zu ausgefallene oder selten gesuchte Dienste anbieten sollte, für die man sich schlecht revanchieren kann, warum sollte man nicht einfach mal Gegenstände statt Stunden anbieten.

Vielleicht möchte ich ein Zimmer auf originelle Weise einrichten: Von den Dingen, die ich mir vorgenommen habe, schreibe ich in eine Liste und vergleiche diese mit der Liste der Mitglieder und deren Angeboten, und dann rufe ich sie der Reihe nach an.

Auch könnte ich mir ein Projekt vorstellen, das man fast gänzlich mit Zeitbankmitgliedern durchziehen könnte: Einen Garten anlegen, ein Feld bestellen, ein Zimmer umgestalten…

Also, warum lohnt es sich …. das Bitten?

Ich brauche mein Hirn in einer anderen Dynamik. Ich wage es, etwas anderes als das Gewöhnliche zu tun, … ich frage einfach.

Ich mache etwas, was außerhalb der Schemen liegt: Meine Großmutter ging von Kindesbeinen an zum Dienst, ich dagegen bitte um Hilfe.

Das Bitten und das Geben erlauben es einem die Bedürfnisse zu befriedigen, die immer zwingender ein gemeinschaftliches Teilen, Wissen, Austauschen und Zusammenleben erfordern …:Wenn du um Hilfe bittest, steigt deine eigene Lebensqualität und die der anderen, das ist eine Revolution.

Es kam mir vor wie ein Geschenk die Oberhemden gebügelt zu bekommen: Das ist ein Grund mehr noch zigmal  um etwas zu bitten.

Warum ist das Bitten die Geste, durch die der ganze Austausch in den Zeitbanken ausgelöst wird? Weil ohne Nachfragen alles stehenbleibt.

Ich habe herausgefunden, dass es für mich in zweierlei Hinsicht befriedigend ist: Mir ist es gelungen zu bitten, und bekomme das worum ich gebeten habe!

Durch bitten wird man nicht ärmer, sondern man wird reicher.

Mit dem Bitten macht man dem Anderen ein Geschenk: Ich gebe ihm Gelegenheit etwas für mich zu tun.

Der Sinn der Zeitbank ist es auch, dem Geld den Wert zu nehmen indem man einen anderen Wert erschafft.

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